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IGeL-Monitor bewertet Lichttherapie zur Behandlung und zur Vorbeugung einer Winterdepression unterschiedlich

Das wissenschaftliche Team des IGeL-Monitors ist erneut der Frage nachgegangen, ob Lichttherapie die Symptome einer saisonalen Depression (umgangssprachlich auch Winterdepression) lindern kann und bewertet diese IGeL nach wie vor mit "tendenziell positiv". Zusätzlich hat das Team geprüft, ob sich Lichttherapie auch zur Vorbeugung von Symptomen einer Winterdepression bei Menschen, die in der Vergangenheit bereits daran gelitten haben, eignet und bewertet diese IGeL mit "unklar".

Bei der Lichttherapie erhalten Menschen, die von einer Winterdepression betroffen sind, helles Licht mit hoher Beleuchtungsstärke durch spezielle Therapielampen. Dafür halten sich die Betroffenen regelmäßig für eine bestimmte Zeit und in einer bestimmten Entfernung vor dieser Lampe auf. Als Therapielampen kommen meistens Tageslichtlampen mit einer Beleuchtungsstärke von 10.000 Lux zum Einsatz, es gibt aber auch brillenähnliche Kopflampen.

Je nach Schwere der saisonalen Depression übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für eine Psychotherapie oder für medikamentöse Behandlungen. Die Lichttherapie ist eine selbst zu zahlende Individuelle Gesundheitsleistung (IGeL). Pro Lichttherapie-Sitzung in der ärztlichen Praxis zahlen Betroffene zwischen 6 und 12 Euro. Zusätzlich können Beratungskosten anfallen.

Tageslichtlampen zur Behandlung einer Winterdepression besser als eine Scheinbehandlung

Die Lichttherapie wäre nützlich, wenn sie die Symptome der saisonalen Depression lindern und/oder die Lebensqualität der Betroffenen verbessern könnte. Der IGeL-Monitor bewertet die Behandlung von Symptomen der Winterdepression mittels Lichttherapie mit „tendenziell positiv“, weil die Lichttherapie mit Tageslichtlampen im Vergleich zu einer Scheinbehandlung mit Placebo-Lampen zu kurzfristig besseren Ergebnissen führen kann. Direkte Schäden durch die Lichttherapie sind bei körperlich gesunden Menschen, die keine Medikamente nehmen, selten. Vereinzelt kann es zu Kopf- oder Augenschmerzen kommen. Das wissenschaftliche Team des IGeL-Monitors berücksichtigte für seine Bewertung eine systematische Übersichtsarbeit, die auf 21 Einzelstudien basiert, an denen über 1.400 Betroffene teilgenommen haben.

Die Studien haben die Lichttherapie nicht nur mit der Scheinbehandlung mit einer Placebo-Lampe verglichen, sondern auch mit der Behandlung mit einem Antidepressivum und der kognitiven Verhaltenstherapie. Die Lichttherapie ist im Vergleich zum Antidepressivum zwar mit einem geringeren Schaden in Form von Herzrasen, Schlafstörungen oder innerer Unruhe verbunden, allerdings ist der Nutzen der Lichttherapie hinsichtlich der Auswirkungen auf die Symptome der Erkrankung im Vergleich mit dem Antidepressivum unklar. Gegenüber der kognitiven Verhaltenstherapie lassen sich keine Hinweise auf einen Nutzen oder Schaden der Lichttherapie ableiten.

Nutzen der Lichttherapie zur Vorbeugung einer Winterdepression ist unklar

Die Lichttherapie wäre zur Vorbeugung einer Winterdepression nützlich, wenn sie bei Menschen, die bereits unter einer saisonalen Depression gelitten haben, erneute Symptome der Depression verhindert, ihre Häufigkeit verringert oder sie mildert. Der IGeL-Monitor bewertet die Lichttherapie zur Vorbeugung einer Winterdepression bei diesen Personen mit „unklar“, weil für die Lichttherapie im Vergleich zu anderen Behandlungsformen weder Vor- noch Nachteile gezeigt werden konnten.

Grundlage für diese Bewertung ist eine Studie, die die Lichttherapie in Form von Kopflampen mit dem Einsatz von Placebo-Lampen und einer Nicht-Behandlung untersucht. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass für die Lichttherapie in diesem Zusammenhang weder Vor- noch Nachteile gezeigt werden konnten. Allerdings besitzt die Studie wegen der geringen Zahl an Teilnehmenden nur eine eingeschränkte Aussagekraft. Zudem war die Studie nicht verblindet; das heißt, sowohl die Forschenden als auch die Teilnehmenden wussten, wer sich in welcher Studiengruppe befand. Dieses Wissen kann die Ergebnisse verzerren.

Zur Bewertung der IGeL „Lichttherapie zur Behandlung von Symptomen einer saisonalen depressiven Störung („Winterdepression“)“ im IGeL-Monitor.

Zur Bewertung der IGeL „Lichttherapie zur Vorbeugung von Symptomen einer saisonalen depressiven Störung („Winterdepression“)“ im IGeL-Monitor.

Um die Bewertung der Lichttherapie geht es auch in der neuesten Folge des IGeL-Podcasts. Zu Gast ist Dr. Johannes Morche, Seniorberater im Bereich Evidenzbasierte Medizin beim Medizinischen Dienst Bund und einer der Autoren der aktuellen Bewertungen der Lichttherapie.

Hintergrund

Die wiederkehrende saisonale depressive Störung – Winterdepression – ist eine depressive Erkrankung. Meist tritt die depressive Störung in der dunklen Jahreszeit auf und klingt im Frühling und Sommer wieder ab. Mit einer Depression gehen Symptome wie gedrückte Stimmung, fehlender Antrieb, Interessenverlust und Freudlosigkeit einher. Bei der saisonalen Depression können auch Heißhunger auf Kohlenhydrate, erhöhtes Schlafbedürfnis oder Gewichtszunahme auftreten. Ihre Ursachen sind noch nicht hinreichend erforscht. Es wird vermutet, dass bei Menschen mit einer Winterdepression der Schlaf-Wach-Zyklus sowie der Hormon- und Neurotransmitterhaushalt durch fehlendes Sonnenlicht gestört werden. Sonnenlicht beeinflusst eine Vielzahl von biochemischen Prozessen im menschlichen Körper. Dazu gehört auch der Serotoninstoffwechsel, der sich unter anderem auf die Stimmung auswirkt. Konkrete Zahlen zur Verbreitung der saisonalen Depression in Deutschland liegen nicht vor. Um die Jahrtausendwende waren in der Schweiz und in den Niederlanden 2 bis 3 Prozent der erwachsenen Bevölkerung an einer saisonalen depressiven Störung erkrankt.

Unter www.igel-monitor.de erhalten Versicherte evidenzbasierte Bewertungen zu sogenannten Selbstzahlerleistungen. Der IGeL-Monitor wird vom Medizinischen Dienst Bund betrieben, der von den 15 Medizinischen Diensten in den Ländern getragen wird. Der Medizinische Dienst Bund koordiniert und fördert die fachliche Arbeit der Medizinischen Dienste und erlässt Richtlinien, um die Begutachtung und Beratung nach bundesweit einheitlichen Kriterien sicherzustellen.

Der IGeL-Monitor bietet evidenzbasierte Gesundheitsinformationen zu Selbstzahlerleistungen in der ärztlichen Praxis. 59 wissenschaftliche Bewertungen sind aktuell auf der Webseite abrufbar:

  • positiv 0
  • tendenziell positiv 3
  • unklar 24
  • tendenziell negativ 28
  • negativ 4

Zu weiteren sieben IGeL gibt es auf der Webseite eine ausführliche Information ohne eine Bewertung. Weitere zwei vom IGeL-Monitor bewertete Leistungen wurden zwischenzeitlich in den GKV-Leistungskatalog aufgenommen.

Pressekontakt

Andreas Lange
Freier Journalist
Redakteur IGeL-Monitor
Mobil: 0171 53 29 814
E-Mail: presse(at)igel-monitor.de

 

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